Die Digitalisierung nimmt ihren Lauf. Ein Teil davon ist der Tokenisierungsprozess, mit dem verschiedene Finanzprodukte digitalisiert werden. Anteile, die in früherer Zeit in Papierform herausgegeben wurden, werden heutzutage digital abgebildet, ein Broker oder Mittelsmann übernimmt meist noch diese Aufgabe. Mithilfe der Blockchain-Technologie werden viele Prozesse vereinfacht. Doch was kann man in Zukunft von der Tokenisierung erwarten? Was ist möglich?
Der Begriff Tokenisierung wird derzeit vor allem im Zusammenhang mit regulierten Finanzprodukten benutzt, oft im Kontext von Real World Assets (RWA) – also Werte aus der realen Welt. Durch diese ist es heute möglich, Anteile digital, in Form eines Blockchain-Tokens, abzubilden. Jeder Anleger kann seine Anteile jetzt auf der eigenen Kryptowallet in Form von Security Tokens verwahren. Im Gegensatz zu Utility Tokens, die man von ICOs oder NFTs kennt, sind Security Tokens nicht so einfach zu erstellen und herauszugeben. Sie müssen nämlich den Regeln der zuständigen Finanzbehörde entsprechen. In Deutschland ist das die BaFin.
Tokenisierungsprojekte sind nicht mehr und nicht weniger sicher als klassische Finanzinstrumente. Die Blockchain-Technologie ist eine neue Art der Repräsentation. Sie vereinfacht u. a. die Übertragbarkeit, den Handel und bietet zudem ganz neue Möglichkeiten dank Web3. Dabei unterliegen die Projekte den gleichen Regeln wie denen der traditionellen Finanzinstrumente.
Wie läuft eine Tokenisierung ab?
Unternehmen, die Geld für die Erweiterung ihres Geschäfts einsammeln möchten, müssen zunächst einmal definieren, wie viel Geld eingesammelt werden soll und welche Art von Tokenisierung durchgeführt werden soll. Sollen beispielsweise Anteile am Unternehmen veräußert werden? Sollen Rechte am Gewinn des Unternehmens oder an speziellen Produkten an Investoren abgetreten werden? Oder handelt es sich um eine Anleihe, die verzinst über eine bestimmte Zeit zurückbezahlt werden soll? Möglichkeiten gibt es viele. Oftmals suchen sich Unternehmen Hilfe bei Plattformen wie Intokia, die die notwendigen Prozesse professionell abwickeln können. Nachdem die rechtliche Arbeit abgeschlossen ist und alles bereit ist für den Verkauf, können Tokens an Investoren über ein Online-Portal verkauft werden. Gewinnausschüttungen, Dividenden oder andere Zahlungen können dann entweder direkt über die Blockchain – z. B. in Form von Stablecoins oder klassisch per Banküberweisung – ausbezahlt werden.
Potenzial für Immobilien
Für Immobilien ist die Tokenisierung eine gute Möglichkeit, denn diese können dann nicht mehr nur an einen Besitzer verkauft werden, sondern an mehrere gleichzeitig. Menschen, die investieren möchten, beispielsweise die eigenen Bewohner einer Immobilie, müssen nicht die komplette Immobilie kaufen, sondern können Bruchteile erwerben, die über Blockchain Tokens repräsentiert werden. Die Mieteinnahmen der Immobilie, abzüglich Verwaltungskosten, werden an alle Tokeninhaber anteilig ausgeschüttet – üblicherweise jährlich. Rein technisch wäre aber natürlich auch quartalsweise, monatlich oder sogar täglich möglich.
Potenzial für Unternehmen
Spannend wird es auch im Bereich der Tokenisierung von Unternehmen. Unternehmen, die expandieren möchten und aus diesem Grund Kapitalbedarf haben, können mit der Tokenisierung Gelder von mehreren Investoren gleichzeitig entgegennehmen. Beim klassischen Fundraising muss mit den Investoren zum Notar gegangen werden, um Anteile zu übertragen. Mit der Tokenisierung funktioniert die Geldannahme hingegen automatisiert und ohne einen Notar. Die Tokens werden an die Investoren geschickt, nachdem das Geld überwiesen worden ist. Das wird entweder vom Unternehmen selbst vollzogen oder automatisch durch eine Tokensierungsplattform. Alles ist also voll automatisiert und funktioniert ohne die Offline-Hürden, die man gerade in Deutschland hat. Denn hier können z. B. Gesellschaftsanteile online nicht so einfach übertragen werden. Dabei sind verschiedene Arten möglich, wie Equity, Anteile, Genussrecht oder Anleihe mit variablen oder fixen Zinssätzen.
Zusammenspiel von DeFi und Tokenisierung
Decentralized Finance bietet einige effektive, dezentrale Angebote, wie z. B. den dezentralen Handel. Security Tokens können mit DeFi vollständig vereint werden und das ohne Funktionseinbuße wie beispielsweise erforderliche KYC-Prozesse mit der Einhaltung aller Regeln. Die Lösung hierfür ist ein sogenannter KYC-NFT, der den Handel von Security Tokens auf dezentralen Börsen erlaubt. Gleichzeitig ist der Herausgeber immer darüber informiert, wer gerade im Besitz von Tokens ist. Für den Investor gibt es nämlich eine KYC-Pflicht.
Die Security Tokens gelangen auf das Wallet des Investors. Wer sich schon länger im Web3 bzw. im dezentralen Internet aufhält und dApps verwendet, weiß, wie einfach man das eigene Wallet mit der Applikation verbinden kann. Die Applikation ist dann in Kenntnis darüber, wer man ist und wie viele Tokens man besitzt. Das ermöglicht Online-Firmen, die ihre Dienstleistungen ausschließlich online anbieten, eine ganz andere Form der Interaktion mit dem Investor. So kann man Investoren, die einen bestimmten Betrag in das Projekt investiert haben, gewisse Vorteile bieten. Zum Beispiel könnte ein Hotel den Investoren, die mindestens 50.000 € investiert haben, kostenfreien Zugang zum Spa-Bereich gewähren.
Die Nachteile und Herausforderungen
Vor allem bei größeren oder institutionellen Investoren tritt häufig die Frage auf, wie solche Tokens nicht nur gekauft, sondern auch mittel- bis langfristig gehalten werden können. Oftmals gibt es nämlich keine internen Prozesse oder eine Infrastruktur, um Kryptowerte zu halten. Für Projektinhaber stellt das eine Herausforderung dar, weil es größere Investoren möglicherweise eher von einem Investment in solche Projekte abhalten würde. Hier gibt es jedoch eine einfache Lösung: regulierte Kryptoverwahrer. Die BaFin hat dafür in der Vergangenheit bereits einige Lizenzen vergeben. Der Kryptoverwahrer erfüllt sozusagen eine der Hauptaufgaben, wie der Broker in der klassischen Finanzwelt. Durch ihn wird nämlich keine eigene Infrastruktur benötigt.
Ausblick
Die Tokenisierung steckt noch in ihren Kinderschuhen, es ist noch so viel mehr möglich. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind gegeben. Gerade in Deutschland gab es diesbezüglich viele positive Entwicklungen. Täglich starten neue Projekte. Der Markt ist riesig, denn im Prinzip kann all das, was einen Wert darstellt, tokenisiert werden. Seien es Firmenanteile aller möglichen Firmen, allerlei Produkte, Kunst und alles, was sonst als Wertgegenstand bezeichnet werden kann, aber auch immaterielle Dinge, wie Patente. Es wird wahrscheinlich noch eine Zeit dauern, bis die Technologie angenommen wird. Doch langfristig wird die Tokenisierung den klassischen Aktienhandel, wie wir ihn heute kennen, vollständig ersetzen.